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EVENT-TIPP: GUNKL – Amüsantes für Mitdenker
Text und Fotos: Andrea Beckert
Günther Paal, alias Gunkl, feiert mit seinem 10. Kabarett-Solo „Die großen Kränkungen der Menschheit - auch schon nicht leicht“ Jubiläum.

Leicht hat es sein Publikum nicht, wenn der Philosoph unter der heimi-
schen Kleinkunstszene ernsthafte Themen kritisch hinterfragt. In sei-
nem aktuellen Programm geht es – wie der Titel bereits verrät – um die Kränkungen der Menschheit. Der Kabarettist nimmt sich mit gnadenlo-
ser Überzeugung Themen wie Weltanschauung, Religion, Gesellschaft, Politik, Wissenschaft, Hirnaktivitäten und sprachlichen Problemzonen an. Er deckt menschliche Schwächen auf und zeigt an Hand von reali-
tätsnahen Beispielen wie man leben soll, oder zumindest wie man le-
ben könnte, wenn man wollen würde. Gunkl philosophiert über das „Ich“ und „Wir“ ebenso wie über den freien Willen, der bei genauerer Betrachtung doch nicht ganz so frei ist. Erst durch Gunkls „wider-
spruchsfreiem Nachdenken“ ergeben sich – eh ganz logische – kuriose Querverbindungen, die man so noch nie gesehen bzw. gehört hat.
Der schlaksige Musiker und Kabarettist steht in unauffälligem Gewand wie angewurzelt in der Bühnenmitte. Die Sprache ist für ihn ein Werk-
zeug, um seine intellektuelle Scharfzüngigkeit in hochkomplexen Satz-
formulierungen auf den Punkt zu bringen. Das Resultat ist ein bildhaf-
ter, pointenreicher Monolog, den er in höchstem Tempo souverän vor-
trägt. Mimik und Hände genügen dem (Sprach-)Philosophen und Vorden-
ker als Requisiten. Die geniale, aber nicht immer leichte Kombination aus geistreichem Witz mit naturwissenschaftlichen und philosophi-
schen Erkenntnissen bepaart mit skurrilen Annahmen sorgt für einen abwechslungsreichen, amüsanten Abend mit Niveau. Während dem Philo-
sophen unter Österreichs Kabarettisten auf der Bühne kaum ein Lächeln entkommt, schmunzelt das an seinen Lippen hängende mitdenkende Kabarettpublikum permanent. Dieses Gunkl-Programm begeistertet – um es mit Gunkls Worten zu sagen – nicht „alle“ sondern „jeden“ durch die grandiose Bühnenpräsenz, die eigene subtile Logik sowie durch die durchgehend scharfsinnigen Ausführungen des Humoristen. Übrigens, die Tatsache, dass Gunkl nach rund 2 x 40 Minuten Dauerreden keine Zugabe gibt, ist noch lange kein Grund gekränkt zu sein.

Ob man sich dieses vielschichtige philosophische Kabarett-Programm ansieht oder nicht, dass muss jeder für sich selbst entscheidet, bzw. der zweite Teil des Berichts darf als Empfehlung an den jeweiligen Entscheidungsträger, das Gehirn, angesehen werden. – Zugegeben, der folgende Text ist länger als er sein müsste, ob Sie diesen nun ganz, teilweise oder gar nicht lesen entscheidet Ihr freier Wille beziehungs-
weise bestimmt Ihr Hirn! ;-) Weiter zur Diashow (25 Fotos)...
Gleich zu Beginn gesteht Gunkl, dass ihm Tatsachen – typisch österreichisch – „wurscht“ (egal) sind, schließlich kann man sie ohnedies nicht ändern und die Menschheit, ob sie will oder nicht, muss damit leben. Viel lieber beschäftigt sich der Intellektuelle unter den Kabarettisten mit philosophischem Thesenab-
leiten und begründet seine individuelle Logik durch verwinkelte Gedankengän-
ge. Seine einzigartigen Erkenntnisse bringt der Humorist und Querdenker in seinem neuen Soloprogramm auf die Bühne.

Seit jeher musste die Menschheit immer wieder Kränkungen wegstecken. Dass die Erde keine Scheibe sondern eine Kugel ist, dass wir daher nicht oben son-
dern nur außen dran leben, und daher ist Gott auch nicht oben sondern drüber, diese Kränkung hat laut Günther Paal das Menschentum schon überwunden.
In Gunkl-Manier hinterfragt er alles nach seinem Sinn, beispielsweise was daran so toll sein soll, wenn wir das „Zentrum vom Universum“ wären. Die kränkende unwiderrufbare Tatsache, dass wir nicht die „Krönung der Schöpfung“ sind, hat der Menschheit schon einen einigermaßen derben Hieb gegeben.

Obwohl wir uns längst die Welt zum Untertan gemacht haben und der von uns entwickelte und geliebte Fortschritt nicht mehr aufzuhalten ist gibt es Grenzen des Machbaren. Denn Mutter Natur hat noch immer das letzte Wort. Herr Paal nutzt jede nur erdenkliche Kränkung dazu seine nachvollziehbaren Begrün-
dungen bühnentauglich zu präsentieren und lässt seinen tiefsinnigen Gedan-
ken freien Lauf: „Wenn beispielsweise eine Mure vom Berg ins Tal kommt, ist sie unterwegs nicht zum wieder Hinaufschaufeln. Wenn es Kubikmeter Wasser vom Himmel regnet und man in Norddeutschland bis zum Bauch im Wasser steht, dann kann man das viele Wasser auch nicht auftunken.“ – Eh ganz logisch – aus der Sicht des Kabarettisten.

Auch der freie Wille ist bei näherer Betrachtung – unter Gunkls Lupe – dann doch nicht ganz so frei, wie wir gehofft haben. Zugegeben, es stimmt schon, dass nur die Allerwenigsten behaupten können, dass ihr Leben genau so ver-
läuft wie sie es wollen, wären da nicht zum Beispiel: eine Scheidung, 2 Kinder, 15 Kilo zuviel, Schulden und noch immer Angst vorm Zahnarzt. Und so neben-
bei stellt Gunkl mit seinen Thesen sogar Siegmund Freud in Frage.

Herr Paal liebt Herausforderungen und stellt sich diesen auf der Kleinkunstbüh-
ne meisterhaft. Denn nur wenige seiner Kollegen trauen es sich zu ihr Publikum mit Erkenntnissen aus der Forensischen Psychiatrie und der Physik zu unter-
halten. Selbst Themen wie die messbare Gehirnforschung nimmt sich der wis-
senschaftliche Analytiker unter den Kabarettisten an. Nüchtern betrachtet ent-
scheiden nämlich nicht wir sondern unser Gehirn und aus Günter Paals Sicht ist das ein weiterer derber Hieb für die Menschheit.

Im täglichen Erlebnisparkuhr sind wir ständig mit Entscheidungen konfrontiert, z.B. entscheiden wir uns für links oder rechts? Und was wenn sich unser Hirn nicht entscheiden kann? Dann ist ein kränkendes Dilemma vorprogrammiert.

Tatsache: Der feine Unterschied in der Sprache erleichtert nicht gerade den Umgang miteinander. Gunkls Meinung nach müsste die korrekte Mehrzahl „iche“ sein, den „wir“ sind alle, „iche“ ist jeder. Und dann wundert es eigentlich nicht, dass für den „Meister der Sprache“ rein pragmatische Betrachtungen schon ziemlich kränkend sein können. Gunkl: „Auch wenn wir kaum Willens-, Hand-
lungs- und Entscheidungsfreiheit haben, sollten wir so tun als könnten wir uns entscheiden. Schließlich tun wir auch so als wäre ein Geldschein wirklich den Betrag wert der draufsteht. Aber so ist es leider nicht, denn ein Geldschein ist nur das Wert, was man für ihn bekommt. Mit einem 500 Euro-Geldschein kann man sich bei einer Tankstelle brausen gehen, weil er dort nichts wert ist, weil man nichts dafür bekommt, weil sie ihn nicht nehmen.“

Bevor sein Publikum bei so vielen Kränkungen endgültig verzweifelt, hat Gunkl dann doch noch etwas Positives in unserem trüben Leben gefunden: das Mit-
gefühl. Stimmt, darauf sind wir ziemlich stolz, weil es einzigartig menschlich ist – glauben wir jedenfalls. Und auch die mit dem Mitgefühl verbundenen Emotio-
nen werden in Gunkls neuem Programm ausführlich behandelt. Um das ganze anschaulicher zu machen, erzählt er über einen Strich, der gerne die Gestalt eines Kreises annehmen möchte. Doch jedes Mal, wenn sich der Stich seine beiden Enden zu einem Kreis schließen möchte, rollt ein Kreis über den Strich und macht die Versuche zunichte. Da kommen sogar bei einem Gunkl verborge-
ne Emotionen ans Licht und irgendwann hat jeder Mitleid mit dem armen Strich.
Zu einer weiteren Kränkung zählen jene Menschen, die kein Mitgefühl haben, und diese so genannten Soziopathen tarnen sich gerne als Führungskräfte in Wirtschaftsunternehmen. Wenn es nach Gunkl geht, dann sollte eine interna-
tionale Regierung darauf schaut, dass es allen so gut wie möglich geht und niemand sollte für weniger Geld arbeiten müssen als er für ein anständiges ...
  Leben braucht. Dieser Gedanke sorgt sicherlich für angeregte Diskussionen in Kleingruppen in der folgenden Pause.

Danach geht es mit weitschweifender Philosophie weiter. Wie beim Menschen selbst gibt es auch beim Denken Problemzonen. Gunkl will diese auf der Bühne aufarbeiten, anstatt sie zu verstecken. Und hier ist der Sprachphilosoph wieder ganz in seinem Element wenn es zum Beispiel um den feinen Unterschied zwi-
schen „jeden“, „alle“, „ich“ und „wir“ geht. „Auch wenn es vermutlich nicht „je-
der“ versteht, haben „alle“ was davon“, um es mit den Worten des Kabarettisten zu formulieren.

Hochkantig irritiert ist Herr Paal, wenn er sich eine ernsthafte TV-Diskussion (keinen Sozialkompetenzmangelporno am Nachmittag) mit bedeutenden Persön-
lichkeiten ansieht, und ein Mann über sein Experiment „40 Tage nicht lügen“ spricht, dabei öffentlich zugibt, dass es ihm in dieser Zeit schwer gefallen ist bei der Steuererklärung nicht zu lügen und dafür von seinen Mitmenschen auch noch Mitleid erhält. Gunkl: „Da wird jedem das Recht eingeräumt alle zu belügen, seltsam, jeder ist uns deutlich näher als alle.“ Und so bringt Gunkl die nächste menschliche Kränkung auf den Punkt: „Egal wie gut es uns geht, wenn es jemanden gibt den es besser geht, geht’s uns schon wieder schlecht.“

Während des Programms gibt der 49-jähringe zu, dass er mit klassischen Krän-
kungen kein Problem hat. Sein hoch liegendes Menschenbild weilt auf der Annahme, dass wir schlau sind, weil wir ein wunderbares großes Gehirn haben. Aber als wirklich kränkend empfindet Gunkl den Nachweis, dass sich im Lauf der Evolution nicht etwa das besser bestückte Gehirn durchgesetzt hat, sondern die leistungsstärkeren Sexualorgane. „Es ist zwar das gleiche Gen, welches für größere sexuelle Potenz sorgt, die grauen Zellen gibt’s aber eigentlich nur als Gratis-Draufgabe zu den dickeren Eiern“, so der Kabarettist.

Gunkls Lieblingsthema ist und bleibt die Religion: Zutiefst gekränkt ist Herr Paal über die weitere Tatsache, dass wir eine monotheistische Religion noch immer notwendig haben. Logik und Überprüfbarkeit haben in Diskussionen oft Exoten-
status. Denn wäre Logik zulässig, dann wäre das erste Gebot vom Tisch: Du sol-
lst keine Götter haben neben mir. Zusätzlich sind im Lauf der Geschichte auch regelmäßig die Götter mit den jeweiligen Kulturen ausgestorben, wie beispiels-
weise Teutates, der Göttervater der Kelten.

Die Schlagwörter Tod und Sterben bringen den Kabarettisten gleich zur nächs-
ten kränkenden Tatsache, dass unser irdisches Dasein zum Probetraining für Atletico Andacht degradiert wird und zum Vorsprechen an der Himmelstür wird.

Es gibt vieles, dass für Gunkl nicht nachvollziehbar ist, z.B. warum Frauen sich tatsächlich noch mit Männern belasten. Günther Paal: „Nicht böse sein, aber mit diesem Pleampel-Volk sollte man sich nicht abgeben.“ Im gleichen Atemzug entschuldigt er sich für seine Geschlechtsgenossen und gesteht, dass Männer sich während der Aufklärung ziemlich blamiert haben – auch das musste mal – von Gunkl – gesagt werden.

Dem Kabarettisten geht es ums hier und heute und ums übermorgen. Gunkl for-
dert von den Menschen, dass jeder so tut als könnte man sich wirklich anstän-
dig verhalten, obwohl man weiß, dass das einem nicht immer gelingt, und wenn es nicht gelingt, dann sollte man nicht sagen „das ist menschlich“ und damit ist es erledigt. Schließlich hat jeder Einzelne die Möglichkeit Zustände zu verbes-
sern indem er etwas schlauer ist als die Evolution, und jeder kann seine Sachen immer etwas besser macht als unbedingt sein muss. In der Natur ist nicht alles perfekt, in der Natur ist alles nur so gut wie es sein muss. Und auch für diese Behauptung hat er ein Beispiel parat: Es gibt eine Papageienart, die können nicht mehr fliegen, weil sie seit vielen Generationen auf einer Insel leben, wo es keine Raubtiere der Papageien gibt, und wenn es nicht sein muss, dann verlernen sogar Vögel das Fliegen, so ist die Natur.

Gunkls frommer Wunsch: „Wir sollten darauf schauen, dass es allen auf der Welt gut geht." Von nichts kommt bekanntlich nichts, mit anderen Worten: Wenn je-
der seinen Teil für sein eigenes zufriedenes Leben beiträgt, niemand (auf den Anderen) neidisch ist, dann geht es allen gut und jeder hat etwas vom friedli-
chen Zusammenleben.

Zum Schluss gibt der ernsthafte Humorist seinem Publikum noch einen visionär-
en Vorsatz mit auf den Weg: „Wir Menschen haben die Möglichkeit, auch wenn es uns nicht immer gelingt, alles besser zu machen als es sein muss. Das ist etwas zutiefst einzigartig Menschliches. Diese Möglichkeit sollten wir nicht schwänzen!“– Und Gunkls neues Solo sollte man nicht versäumen.
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